Die 3. Kugel – 5. Olafs Loch

Hier nun ein weiterer Teil der Kriminalnovelle „Die 3. Kugel“ von Bodo Dringenberg. Wenn Du die vorherigen „Aufnahmen“ verpasst haben solltest, dann lies diese doch zuerst.

Kugelkultur

Viel Vergnügen …

Die 3. Kugel
eine Kriminalnovelle in dreizehn Aufnahmen von

Bodo Dringenberg

5. Olafs Loch

Als einige der im Park Boule Spielenden am Morgen die Zeitung aufschlugen, mußten sie heftig schlucken: „Park-Bouler von Claudia als Dealerbande enttarnt?“
Neben einem kurzen, relativ vorsichtigen Bericht über 15 kokaingefüllte Boulekugeln war auf der Lokalseite eine Glosse über das Pétanque im Park abgedruckt, die einige verblüffende Passagen enthielt:
„…in einer tiefen Grotte mit Rauschgift geladene Kugeln…jenseits des an sich schon aggressiven Spiels…wie ein kleiner Krieg mit einer Art Kanonenkugeln zelebriert…wenig Rücksicht auf Spaziergänger…das Rollen mit den Stahlkugeln nur als Tarnung für ihre trüben Machenschaften…Jenseits der uralten Stadtmauer wurden Menschen skrupellos ins Verderben getrieben.“
Verantwortlich für dieses kenntnislose Haß-Geschrappe zeichnete eine gewisse Ute Olm. Fritz schüttelte nur das langhaarige Haupt. Was hatte man der getan? Diese Journalistin erinnerte ihn an einen Song: „Ute, vergiß das Jenseits, Ute. Du wirst bestimmt nicht wiedergebor´n und wenn, dann bestimmt als Grottenolm.“
Fritz wollte sich trotz alledem per Telefon mit Michael zu einem frühen Einzel verabreden, aber natürlich war der verblüffende schneeige Fund erstmal das Thema: „Das kann doch alles nicht wahr sein. Gestern mittag hat Dirk noch einen Satz alter Kugeln deponiert und der ebenso hoch- wie schwergewichtige Olaf war auch dabei. Da war nix zu sehen gewesen.“ – „Das muß jemand mal beobachtet haben, mit unserem Keller. Und der hat uns diese Kuckucks-Kugeln da reingelegt.“ – „Bloß warum? Warum?“
Es war ein trüber Tag, trotzdem wollte Fritz früh da sein, um nach weiteren Polizeimaßnahmen Ausschau zu halten und die Stimmung auf dem Parkweg zu sondieren. Michael selbst hatte keine Zeit, aber er empfahl ihm, Neele anzurufen, die habe ihn gestern gefragt, ab wann heute gespielt werde. Stimmt, heute ist Mittwoch, da muß sie nachmittags nicht in die Apotheke. Also einfach Neele List, die schöne Pharmazeutin, anrufen. Ein tête à tête mit Neele – das war lange, lange her, aber immer spannend gewesen.
Ein stecknadelfeiner Nieselregen tauchte die Grünanlagen in ein trübes Licht. Ab und zu schwankten wenige von Windstößen aufgewirbelte Blätter durch den fast menschenleeren Park. Nur drei Gestalten bewegten sich mitten auf dem breiten Wegabschnitt vor der Stadtmauer. Zwei gingen nach längeren Stehpausen voneinander weg, dann wieder aufeinander zu. Die Dritte bewegte sich ebenfalls mit Unterbrechungen, aber etwa fünfundzwanzig Meter entfernt von den beiden. Die nur von Krähenkrächzen aufgerauhte Stille wurde von klatschenden, klackenden, manchmal knallenden Geräuschen punktiert. Dann knallte es ungewˆhnlich laut, und nur noch zwei Personen standen zunächst wie geronnen auf der breiten, hellen Wegfläche. Nach vielleicht 5 Sekunden kam wieder Bewegung in das erstarrte Duo, und die beiden trabten von der Mauer weg, dorthin, wo soeben noch ein einzelner agiert hatte.
Sie machten halt vor ihm. Er lag still auf dem feinschotterigen Abschnitt, dort wo eine sanft konvexe Krümmung an das feuchte Grün des Rasenstreifens stößt. Er lag auf dem Bauch, beide Arme fast gerade nach vorn gestreckt. Eine Armlänge vor seinem Kopf befanden sich zwei rostbraune, matt schimmernde Stahlkugeln, und es sah für Kenner auf den ersten Blick fast so aus, als ob er eine ganz besonders genaue Messung vornehmen wollte und dabei auch den letzten Einsatz von Körper und Kleidung nicht scheute.
Doch Olaf war einfach tot. Ein kleines Loch in seiner anthrazitfarbenen Fleece-Jacke, etwa in Höhe des linken Schulterblatts, gab dafür die Gewißheit und den Grund. Tot wie ein ins Aus geschossenes Ziel, und nichts mehr in der Hand, alle Kugeln gespielt.

FORTSETZUNG FOLGT

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