Die 3. Kugel – 8. Schwere Kost

Hier nun ein weiterer Teil der Kriminalnovelle „Die 3. Kugel“ von Bodo Dringenberg. Wenn Du die vorherigen „Aufnahmen“ verpasst haben solltest, dann lies diese doch zuerst.

Kugelkultur

Viel Vergnügen …

Die 3. Kugel
eine Kriminalnovelle in dreizehn Aufnahmen von

Bodo Dringenberg

8. Schwere Kost

Bereits zehn Minuten wartet der Zivilbeamte nun auf diesen Taxifahrer und lauscht notgedrungen einem befremdlichen Monolog am Nebentisch:
„Weißt du, ich habe noch zwei Kugeln und die haben vier. Knall einfach das Schwein weg, mach die Sau tot! sage ich ihm. Und was macht er? Na, was macht diese Pfeife, diese Flachtüte, die mir der Teufel als Tireur geschickt hat? Na, was macht dieser hochpotenzierte Feigling? Der legt. Steht da mit vollen Hosen und legt!“
Gerade als der in der Mord- und Rauschgiftsache ermittelnde Polizist herauszukriegen versucht, was da eigentlich geredet wird, tritt Fritz durch die Kneipentür, legt seine Papiere und die Geldkatze auf den Tisch und begrüßt den ihm bekannten Kriminaler.
Fritz jobbt als Taxifahrer, ist einer der hier in der Provinzstadt hängengebliebenen arbeits- und perspektivlosen Akademiker. Nicht nur berufsbedingt kennt er sich genauestens im bekannten und verdeckten lokalen Straßennetz aus, sondern verfügt zudem über weitreichende Ortskenntnisse. Bei seinen Touren macht er auf Verlangen präzise Angaben über die Geschichte einer Straße und die Hintergründe ihres Namens. Eine überreife Frucht seiner vergangenen Studien, die für die einen überflüssiges Wissen, für andere spannender Hintergrund ist.
Einmal, während einer nächtlichen Fahrt, hatte Fritz dem nun ermittelnden Beamten den entscheidenden Hinweis auf einen von ihm entdeckten Groß-Dealer-Treff am Park gegeben. Ein Fahrgast hatte seltsames Zeug mit einem Namencode und einer Zeitangabe in sein Handy gesprochen. Fritz war neugierig geworden, hatte die Verschlüsselung geknackt und dem ihm flüchtig bekannten Kriminalbeamten angerufen. Endlich waren seine speziellen Ortskenntnisse ganz praktisch angewendet geworden.
Fritz hat nach dem Mord eindringlich um das Gespräch in dem Lokal und Bouler-Treff gebeten und der Ermittler kommt gleich zur Sache:
„Olaf Kruthaas ist eindeutig zur Abschreckung von Peter Gaul erschossen worden, damit der das Kokain rausrückt.
Gaul und dieser Krauthase hatten nämlich eine Kugel aufgesägt und den kostbaren Inhalt gefunden. Die übrigen ließen sie geschlossen und Kruthaas deponierte sie abends – nach kurzer Beratung mit Gaul über das weitere Vorgehen – in eurem Mauerversteck.
Gaul war nun massiv bedroht worden und hatte den Gangstern schließlich das Versteck verraten. Aber wir wußten das natürlich nicht und waren dank unseres Schweins früher dran.“
„Und wie ist dieser Gaul überhaupt an die Kugeln geraten?“
„Nur soviel: Ein junger Mann hat sie Gaul als Restposten aus einer Geschäftsaufgabe des Eisenwarenladens >Pégasus< in Aix en Provence angeboten, sie ihm dann auf Kommission dagelassen. Der Zwischen-Dealer wollte die Kugeln erstmal los sein, da er nach der Enttarnung einer Lieferung in Boulekugeln die Polizei auf seiner Spur wähnte. Den Spieleladen >Ikaros< hielt er für eine geniale Tarnung seiner brisanten Zwischenlagerung."
„Aber wieso wußte die Polizei von den in unserem Keller eingelagerten Koks-Kugel?“
„Wir haben einen anonymen Anruf von einem, nun ja, sagen wir Ortskundigen erhalten und das Versteck geräumt. Das war großes Pech für euren Kruthaase. Die Vertreter des Drogenkartells waren äußerst böse, als sie die Kugeln nicht vorfanden – tragisch, tragisch. Gaul hat uns alles rückhaltlos erzählt und sich nach dem Mord in Schutzhaft nehmen lassen. – Aber was wissen Sie eigentlich?“
Nach einem fruchtlosen Dialog beteuert Fritz kopfschüttelnd: „Ihr zielt vorbei, wir sind das falsche Ziel, begreift das doch endlich.“ – „Da bin ich nicht so sicher“, entgegnet lächelnd der Polizist.
Fritz hatte während des Treffens in der Kneipe reichlich zugelangt: viel Zwiebelringe im Salat mit roten Bohnen, dazu ordentlich Knoblauchwurst in sich hereingestopft. Mitten in der Nacht war ihm dann, als ob drei Sätze Kugeln in seinem Bauch rumorten, wenn er zwischendurch stöhnend aus einem Alptraum aufwachte:
Sie sind im Park von Uniformierten eingekesselt, Spieler erhalten Knüppelschläge auf die Finger, eine schattenhafte Gestalt hüpft auf der Stadtmauer in Zeitlupe hoch, wirft dann auf alle eine Unmasse Pétanque-Kugeln, die sich in Köpfe bohren und Gehirnmasse herausquellen lassen, Weißbekittelte sägen diese Köpfe auf und holen Geldscheine, Würste, Stahlbänder, Zwiebelringe und piepsende Handys heraus…

FORTSETZUNG FOLGT

Keine Kommentare mehr möglich.